Was die Yamas und Niyamas von Patanjali mit unserem Leben und dem Reisen zu tun haben – Teil 1 “Ahimsa”
Ahimsa
Die alten Texte der Yogaphilosophie sind für mich eine nie versiegende Quelle der Inspiration. Sie enthalten sehr viel Weisheit, die in unseren Zeiten aktueller ist denn je.
Hast du schon einmal von Patanjali gehört? Er lebte im 2. Jahrhundert vor Christus und ist der Verfasser der bekannten Yogasutras, die grundlegende Prinzipien des Yoga erklären.
Er zeigt darin einen Weg auf, der in 8 Stufen zu „Samadhi“ – der Erleuchtung – führt. Die ersten beiden Stufen, die dabei zu erklimmen sind, heißen „Yamas“ und „Niyamas“. Ganz allgemein zusammengefasst geht es dabei darum, anhand von 10 Grundprinzipien ein gutes Leben zu führen.
„Ahimsa“ ist das erste dieser Prinzipien.
Es ist ein zentraler Grundsatz des Yoga und der indischen Philosophie und wird oft als Gewaltlosigkeit übersetzt. Seine Bedeutung reicht aber weit über das bloße Vermeiden von physischer Gewalt hinaus. Ahimsa ist eine umfassende Lebensweise und ein ethisches Prinzip, das uns dazu ermutigt, Mitgefühl und Respekt für alle Lebewesen zu praktizieren.
In seinem ursprünglichen Sinn bedeutet Ahimsa, dass wir uns bewusst dafür entscheiden, keine Gewalt in unseren Gedanken, Worten und Handlungen zu verursachen. Es geht nicht nur um den äußeren Aspekt der physischen Gewalt, sondern auch um die subtileren Formen von Gewalt, wie negative Gedanken, verletzende Worte oder Handlungen, die anderen oder uns selbst Schaden zufügen könnten. Ahimsa ermutigt dazu, in jedem Moment bewusste Entscheidungen zu treffen, die Frieden und Harmonie fördern. Es geht darum, ein Bewusstsein für die Auswirkungen unserer Handlungen auf andere Lebewesen und die Welt um uns herum zu entwickeln. Ahimsa fordert uns auf, unsere Verantwortung für das Wohlergehen aller Lebewesen anzuerkennen und darauf zu achten, dass unsere Handlungen keine unnötigen Schmerzen oder Leiden verursachen.
Dieser ethische Grundsatz lädt uns ein, Mitgefühl und Verständnis zu kultivieren, nicht nur für Menschen, sondern auch für Tiere, die Umwelt und alles Leben auf unserem Planeten. Es geht darum, die Würde und das Recht eines jeden Wesens auf ein friedliches Leben zu respektieren.
Die Anwendung von Ahimsa im täglichen Leben, sei es in zwischenmenschlichen Beziehungen, im Umgang mit der Umwelt oder in unserem Verhalten auf Reisen, eröffnet Wege zu einem friedlicheren und respektvolleren Miteinander, das positive Veränderungen in uns und in der Welt um uns herum bewirken kann.
Bei Local Vibes Yoga Retreats handeln wir nach dem Grundsatz von Ahimsa, indem wir sehr respektvoll mit der lokalen Kultur und Tradition umgehen. Wir informieren die Menschen, die mit uns reisen, über die lokalen Gebräuche, Traditionen und Verhaltensweisen, halten lokale Gepflogenheiten ein und respektieren heilige Orte oder festgelegte Riten. Wir unterstützen lokale Gemeinschaften, kaufen möglichst bei lokalen Geschäften und Restaurants ein und arbeiten wann immer möglich direkt mit Einheimischen zusammen. An vielen Orten der Welt ist der Tourismus in der Hand westlicher Geschäftsleute, die nicht selten auf Kosten der lokalen Bevölkerung agieren. Wir möchten direkt mit lokalen Dienstleistern arbeiten, um den Gemeinschaften vor Ort zu helfen und ökonomische Nachhaltigkeit zu fördern. Vor Ort achten wir darauf, unsere Auswirkungen auf die natürliche Umgebung zu minimieren und keine bleibenden Spuren zu hinterlassen. Wir bieten auch nur Ausflüge an, die den Grundsatz von „Ahimsa“ widerspiegeln, und würden uns beispielsweise nie an einer Bootsfahrt beteiligen, bei der Meerestiere bedrängt werden (wie bei manchen Delphin- oder Whalewatching-Trips), oder mit dem Quad durch die Wüste donnern.
Ahimsa beim Reisen heißt auch, andere Gegebenheiten zu akzeptieren, gar neugierig drauf zu sein und nicht das Leben wie zu Hause zu erwarten. Oftmals agiert z.B. das Hotelpersonal in einer anderen Geschwindigkeit als wir das gewohnt sind. Oder es fließt in Ländern mit Wasserknappheit vielleicht nicht immer das warme Wasser mit konstant gleichbleibendem Druck und Temperatur aus der Dusche. Sehr wichtig ist es uns auch, die Menschen vor Ort und insbesondere auch Servicepersonal immer mit Respekt und Wertschätzung zu behandeln.
Indem wir uns bewusst für oder gegen bestimmte Handlungen entscheiden, integrieren wir das ethische Prinzip von Ahimsa in unsere Reisepraktiken. Dies ermöglicht es uns, eine gewaltfreie Herangehensweise an das Reisen zu entwickeln, die nicht nur unser persönliches Wohlbefinden, sondern auch die Welt um uns herum positiv beeinflusst. Für mich persönlich war die radikale Integration von „Ahimsa“ lebensverändernd. Ich habe viele meiner Handlungen hinterfragt und vermeide seitdem beispielsweise den Konsum von tierischen Produkten. Auf ein genussvolles Leben oder etwas das Reisen möchte ich nicht verzichten. Die Verbindung mit anderen Menschen und Kulturen ist eine unverzichtbare Kraftquelle für mich. Umso wichtiger ist es mir dabei, innerhalb des Reisens so „gewaltfrei“ wie möglich zu agieren.
Falls du tiefer in die Yamas und Niyamas eintauchen möchtest, empfehle ich dir das Buch… oder meine nächsten Blogartikel 😉.
